Betrachtet man Ursula Radermachers uvre, so liegt der Schwerpunkt ihrer Auseinandersetzung eher auf dem Leichten, Beweglichen: Papier- oder Folienbahnen, die als Segel hoch in den Lüften gestaffelt figurieren oder an Fäden aufgehängt über der Erde schweben - sie nehmen jeden Luftzug auf und schwanken sachte im Raum. Sie teilen ihn oder verwehren auf den ersten Blick ein Weitergehen, dann öffnet sich jedoch ein Weg als Durchschlupf. Somit ist also auch dem Betrachter Bewegungfreiheit erlaubt, vermag er doch die opaken oder durchsichtigen Objekte - die der Erde zustreben, ohne sich ihr endgültig zu nähern - zu umkreisen. Ja, er kann und darf sie sogar berühren, um sie durch die eigene Energie in Bewegung zu setzen.
Ganz auf die Form konzentriert, die die Künstlerin konsequenterweise als Gefäße symbolisiert, sind auf PVC-Folien aufgetragene Bild-Schrift-Folgen. Gleichermaßen zweitrangig wie dünn der Untergrund ist: der Bildträger ist der Auflösung nahe, während die Künstlerin inhaltlich dem allumfassenden "SINNEN" auf der Spur ist. Der Begriff steht im Vordergrund, der weniger greifbar ist, als er vorgibt, denn die ihn benennenden Buchstaben zirkulieren auf der Folie, entwischen den Augen und müssen kombinierend immer wieder zusammengefügt werden. Und dennoch - so sehr man die Schriftzeichen lesend mit dem Gefäß übereinzubringen, ja es zu füllen sucht, desto weiter scheint die Lücke zwischen dem Begriff und seinen möglichen Bedeutungen auseinanderzuklaffen.
Gegenüber diesen flirrenden Leichtigkeiten steht der ebenso behende Umgang mit standhafteren Materialien, vor allem Holz, zu denen Ursula Radermacher immer wieder zurückkehrt. Auch hier sucht sie Durchblicke mithilfe von Durchbrüchen oder Aushöhlungen. Nie bleiben die fertigen Werke der Wand oder dem Boden verhaftet, sie streben dem Raum zu oder teilen ihn.
(Auszug aus: Gabriele Beßler, "Das Schwere und das Leichte", Katalogtext zur Ausstellung im Stadtmuseum Siegburg 2000)