Wiederholung in der Kunst ist ein Simulieren von Ewigkeit, ein Versuch,
den natürlichen Lauf der Zeit aufzuhalten. Für Künstler liegt
der Wert der Wiederholung in den Variationsmöglichkeiten, bereits Gestaltetes
noch einmal, durch Differenzierung in Material, Farbe oder Größe
zu erleben. Das Wechselspiel von Wiederholung und Differenz macht das Wiederholungserlebnis
lebendig. Fehlt die Differenz, kann Wiederholung abstumpfen, langweilen
im Sinne von ermüden.
Der Einmaligkeit des Schaffensprozesses eines Werkes steht die wiederholte
Rezeption, Aufnahmeerfahrung des Betrachters gegenüber. Kunst ist in
der Außenwahrnehmung auf Wiederholung angelegt. Ihre Vielschichtigkeit
lässt sich in der Regel erst durch die wiederholte Wahrnehmung erfassen.
Die Wiederholung kann Ruhe einkehren lassen. Der erste, schnelle Check,
die Frage "was ist das" erübrigt sich. Schon mal gesehen,
kann man sich tiefer überlassen, dem nun Vertrauten anheim geben, sich
etwas wieder holen: Erinnerung.
Mit der Wiederholung kann ein tieferes Eintauchen einhergehen, eine Aneignung
im positiven Sinne und Annäherung an Ursprüngliches. Das Aufsteigen
von "da war etwas", man erinnert sich nicht ganz genau. Das ist
Erinnerung, die durch das Vergessen gegangen ist und verwandelt wieder erscheint.
Wiederholen ist Erinnern, kreist um Vergessen, entsteht aus Sehnsucht, ist
Warten auf Wiederkehr.
Und doch ist eine echte Wiederholung nicht möglich, es ist jedes Mal
wieder anders, wenn das Objekt der Wiederholung erneut in den Blick gerät.
"Das einzige, was sich wiederholte, war die Unmöglichkeit einer
Wiederholung" (Sören Kierkegaard)
(Auszug aus: Ursula Radermacher, "wieder holen - die Wiederholung", Katalogtext zur Ausstellung im KunstRaum Hüll 2007)
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